Mittwoch, 24. August 2011

Dissidenten der zeitgenössischen Kunst (Paris) und Udo Kittelmann (Berlin)

Nach drei Tagen Recherche in den Regionen der offiziellen " jüngeren" Kunstgeschichte, die letztlich bereits über 100 Jahre alt ist... und deren Kritik durch die französische Gruppe "Les dissidents de l'art contemporain", der auch die mutige Aude de Kerros angehört, verstehe ich bestens, weshalb meine Freundin Stefanie ihr Studium der Kunstgeschichte an den Nagel gehängt hast.  Wer französisch kann, voila im Original:

 Aude de Kerros'  hochinteressante Klage über den Totalitarismus der ZK (perfekte Abkürzung für "Zeitgenössische Kunst" -klingt wie Zentralkommitee) ist mehr als verständlich, in der von den Bildungsphilistern Worthülsen schleudernd alles zur Kunst erklärt wird - ausser Kunst.   

Udo Kittelmann setzte ja bereits Anfang letzten  Jahres  das erste  unübersehbares  Zeichen, als er in seinem Museum für Gegenwartskunst, dem "Hamburger Bahnhof"in Berlin,  zum grossen Erstaunen der Kunstszene, den AQUARELLMALER Walton Ford ausstellte.
Damit regte er sie ja an, die längst überfällige Debatte, ob gelungene zeitgenössische Kunst stets  auf jene Konzept- und Minimalkunst aufbauen müsse,  die vor fast 100 Jahren in New York entstand - sinnigerweise mit der Ausstellung einer simplen Kloschüssel, die Marcel Duchamp "Fountain" nannte und als Kunstwerk deklarierte.
Walton Ford muss irgendwie mein Bruder im Geiste sein, denn er weigert sich genauso eigensinnig, wie ich, die gewöhnlich als zeitgenössisch sanktionierten Stilmittel zu verwenden. 

                                                   Tigresse fleur bleu - Edda Sörensen


Tiger - Walton Ford


 Seine Aquarelle sind nur auf Warteliste erhältlich und kosten bis zu 1 Million Dollar. Ich sollte scheunigst meine Preise erhöhen :o)


Hier die Schlussfolgerung der Rede, die Aude de Kerros 2009 in der Akademie des Beaux Arts  in Paris  hielt:

Aude de Kerros:
"In conclusion, I will formulate a few suggestions:

  • Let the wall of concept, which has cut us off from sensitivity and reality, finish crumbling down,
  • Let us walk out of the semantic swamp and master the vocabulary, hence our faculty to think and appraise.
  • Let us distinguish art vs culture, art vs contemporary art, creativity vs creation, multiculturalism vs universality. 
  • Let us find different criteria to evaluate different approaches, in order to reinstate in each of them its legitimacy and function. In art, let us evaluate the /achievement of form which offers meaning as an additional gift. For CA, let us assess the authenticity of the criticism and questioning it set itself as a goal – since what is termed today “Contemporary art” has always existed – only without the totalitarian claim to be the only possible expression. Art has always had counter-powers to question its immense prestige – a sanity device recalling us that no one holds the ultimate receipt, nor can claim ownership of the good, the true and the beautiful. In fact, the transgressive behavior of the cynical philosophers, the recurring carnival time inverting values, the followers of “incoherent arts”, of Dada, and Marcel Duchamp, were always contemporaries of art
  • Let us also refuse the hegemonic and reductionist accounting through “sociological all-inclusive” and let us pursue the timeless dimension of Art.
  • Let us find in our work the sense of transcendence and escape this terrifying, totemic sacrality that has replaced it."
    Aude de Kerros:
    "L'hiver sous le manteau"
    Huile sur panneau - 60x49cm
                        http://www.galeriemouvances.com/peintres_DeKerros1.php

    Und zum Schluss noch meinen offenen Brief an Herrn Boesner, seines Zeichens Händler von Kunstmateralien:

    Oh - ein neuer Kunstpreis wurde von Ihnen ausgeschrieben, das macht mich neugierig.  Der Preis ist Aufmacher des Magazins "Kunst & Material" und eingeleitet mit Ihren Worten:

    "Die Kunstszene ist heute so vielfältig, vital und experimentierfreudig wie nie zuvor."

    Hoppla, da stolpere ich ja bereits über ihren ersten Satz, denn die letzte Epoche, die solch eine Auszeichnung verdienen würde, befindet sich, meiner Überzeugung nach,  in den sechziger Jahren  des letzten Jahrhunderts in denen ein Feuerwerk an Kreativität gezündet wurde, das seinesgleichen erst mal finden muss. Heute jedoch kreist  die  offizielle Kunstszene in der "zeitgenössischen" Endlosschleife. Gähn.

    Weiter in Ihrer Einleitung, zum zweiten und letzten Satz:

    "Die Arbeit, die Ideen und die Sicht der Künstler wirken interdisziplinär in jeden Winkel der Gesellschaft hinein und bringen sie voran."

    Oh je, Herr Boesener, wenn dem so ist, wohin haben sie uns denn dann in den letzen Jahrzehnten vorangebracht?Hinein in immer neue Kriege mit perfideren Waffen. Hinein in die Einfallslosigkeit unserer kalten, lieblosen Städteplanung, wo uns verrostete Ungetüme als Kunstwerke in den öffentlichen Raum gesetzt  und Gebäude, die einem verknüllten Pausenbrot-Papier gleichen, als Gipfel der Architekturkunst angedreht werden? Hinein in die gleiche Finanzkrise, die sich alle paar Monate unter neuen Namen zu  tarnen versucht?  Ausgelöst von bekoksten Brookern, die ihre Zocker-Gewinne in Galerien anlegten, die bezeichnenderweise rund um die Wallstreet wie Pilze aus dem Boden schossen. Von Bildungs-Philistern hochgelobte Werke, die man, wenn überhaupt,  nur mit Gebrauchsanweisung verstehen kann, werden von cleveren Galeristen für Unsummen Neureichen wortreich aufgeschwatzt, damit diese sich das Zertifikat Kunstsammler an den Hut stecken können.."Was?", sagen sich die meist an Geldnöten leidenden  Künstler, "DAS wird verkauft?"  und ahmen den Schrott samt Bluff, auf Teufel komm raus nach. Und wie im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern, muss nun jeder, der etwas auf sich halten will und obendrein die Finanzen  dazu hat, sich solch einen abstrakten Alptraum für immer schwindelerregendere Summen an die Wand hängen.

    Die sehr Betuchten bunkern gleich ganze Sammlungen davon, den Hedge Fonds nicht unähnlich :o),  in ihren Kellern und wenn die überlaufen, überzeugen sie  Beamte diverser Stadtverwaltungen - mit den hart erarbeiteten Steuergeldern der Bürger wohlbemerkt - Museen für diese "Kunst" zu errichten  und nun trichtern  staatlich beauftragte Kunstlehrer sie  bereits den Kindern ein.">Was Wunder,  wenn  die Anzahl der  Psychoanalytiker- und Psychotherapeuten-Praxen gen Himmel schiessen, die shrinks jedoch  hoffnungslos dem angerichteten Schaden an der menschlichen Seele mit immer neu erfundenen  Krankheitsbildern und  Psycho-Pillen hinterher hinken.

    Dahingehend  haben uns also, Herr Boesner, die Arbeit, die Ideen und die Sicht der Künstler voran gebracht? Well - dafür verdienen sie dann aber keinen Award,  sondern lediglich einen gescheiten Tritt in den Hintern.

    Edda Sörensen

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Liebe Edda, pflege Deinen wachen Geist, Deine Neugierde, Deine Lebendigkeit und Deine originellen Texte. Immer wenn ich mich vom harten Alltag erholen will, schaue ich mir Deine Seite an und es wirkt: die Bilder im Kopf können ersetzt werden. Respekt vor Deiner künstlerischen Entwicklung.
Also, machs gut. Herzliche Grüsse aus der Pfalz sendet

Sigrid

Unknown hat gesagt…

Oh - entdecke gerade: Hab ganz vergessen, Dir für diese tolle" Rezession" zu danken - ist ja auch erst 3 Jahre her ;) Es freut mich sehr, dass meine Bilder und Texte solch eine gute Auswirkung bei Dir entfalten und Du es auch aussprichst. Liebe Gedanken in die Pfalz.

Unknown hat gesagt…

ZOMBIE ART hahaha-gerade entdeckt zum Thema ;)
" These works of art look like paintings, act like painting but on closer inspection are as bloodless and lifeless as zombies. That the New York culture allows this kind of painting to rise to the top is no surprise: the New York financial world is known for creating zombie loans and the NY Fed has succeeded in creating a zombie economy."
aus:
http://martinmugar.blogspot.de/.../zombie-artthe...