Dienstag, 12. April 2011

Die Legende von Pai



Vor langen, langen Jahren, fast verschwunden in der Nacht der Zeit, da glaubten die Ureinwohner Polynesiens auf schwimmenden Inseln zu leben. Die schönste von ihnen, Tahitis Nachbarinsel Moorea in Form eines doppelten Herzens, erweckte natürlich den Neid von Hiro, dem Gott der Diebe. Nach langem Überlegen kam er dann auf die Idee, wie er sich der Insel bemächtigen könnte.

In einer der unvorstellbar dunklen pazifischen Neumondnächten rückte er mit seinen Mannen in Kanus an. Fast lautlos tauchten die Paddel in das kristallklare Wasser der idyllischen Bucht zu Füssen des Vulkans Rotui.

Hiros Männer waren schon dabei ihre langen, dicken Taue aus Kokosnussfasern um den bis zu den Spitzen grün überwucherten Berg  zu schlingen, als Ta `aroa, der Gott aller Götter der Südsee, auf das geheimnisvolle Treiben aufmerksam wurde und Hiros listigen Plan, die Insel zu stehlen und abzuschleppen, durchschaute.

Ta`aroa benachrichtigte auf der Stelle den Helden Pai, bekannt für seine übermenschliche Stärke und seinen selbst die tiefste Nacht durchdringenden Blick. Der lebte auf der Nachbarinsel Tahiti, schoss aus seinem Schlaf hoch,
griff nach seinem Speer und rannte vor sein Haus. Dort holteer weit, weit aus und warf den Speer im hohem Bogen mit solcher Wucht über die Meerstrasse des Mondes, die Tahiti von Moorea trennt, dass er, den Rotui streifend und die Seile von Hiros Mannen kappend, auch noch glatt die Bergspitze des Moua Puta durchbohrte und erst auf der nächsten Insel, Raiatea, einschlug.

Der schwirrende Luftzug des Speeres weckte die Hähne rund um die Bucht und die fingen mitten in der Nacht aus vollem Halse zu krähen an, was die Diebe Hiros in helle Aufregung und hektische Eile versetzte. Sie glaubten erschreckt, dass jeden Moment die Sonne aufgehen würde. Hastig zogen sie an den Seilen, sprangen in die Kanus und paddelten so schnell sie konnten aus der Bucht.
Doch viele der Seile, vom Speer Pais durchschnitten, spannten sich nicht mehr um den Berg, sondern glitten widerstandslos ins Wasser. So gelang es den Flüchtenden nur, ein kleines Stück des Rotui mit sich zu schleppen.

Noch heute zeugt das bizarre Loch unterhalb der Bergspitze des Moua Puta von Pai`s Heldenwurf, der dem schönsten Ankerplatz auf unserem Planeten, da sind sich alle Weltumsegler einig, sein grandioses Aussehen erhielt - der Cook Bai auf Moorea.
Moua Puta auf Moorea - Aquarell von Edda Sörensen

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